Bunte Lichtspiele im Studio - Glenn Norwood
Lesezeit: 10 Minuten - 14. Februar 2022 - von Joana Kritiotis Aus dem Schnappschuss
Gute Lichtsetzung ist wichtig. Wenn diese zum Lichtspiel wird, ist es umso spannender und aufregender. Genau das zeichnet den professionellen Fashionfotografen Glenn Norwood aus.
In Licht und Farbe denken
Der Nordire kreiert brillante, poppige Portraits: Modeshoots vom feinsten und ausschließlich in Farbe. Es ist so als würde er die Kunst der Fotografie fühlen und in Licht und Farbe denken. Das kann jede Betrachterin und jeder Betrachter ganz klar bei seinen Aufnahmen miterleben. Seine Setups sind sein Spielplatz und die Regeln sind von ihm gesetzt und werden von ihm dirigiert.
„Ich habe an der Kunsthochschule studiert, weil das damals das Einzige war, was ich gut konnte. Ich nahm die Kamera immer nur aus Pflichtgefühl in die Hand, um meine Kunstwerke visuell festzuhalten. Schließlich wurde mir klar, dass ich doch nicht der geborene Künstler war. Das Gefühl, eine Kamera in den Händen zu halten, änderte die Richtung meines Lebens völlig. Ich hatte das große Glück, meinen ersten Vollzeitjob in einem großen Profi-Labor in Belfast zu ergattern, und begann die Kunst der Fotografie und die C41- und RA4-Farbverarbeitung zu erlernen. Nach ein paar Jahren, in denen ich mich hauptsächlich mit der Dunkelkammer beschäftigte, war es an der Zeit, die Welt der Fotografie zu erkunden.“, schreibt er uns.
Farbliche Harmonie
So entwickelte sich nach und nach sein Talent für die Fotografie. Er arbeitete eine Zeit lang in New York im Bereich Fotojournalismus und seiner großen Leidenschaft - der Musik. „Ich begann viele der damals populären Hip-Hop-Künstler zu fotografieren. Danach kehrte ich nach Belfast, Nordirland, zurück und arbeitete in vielen Bereichen der Fotografie: Soziales, PR, Werbung und vor allem Mode. Derzeit arbeite ich als kommerzieller Mode- und Schönheitsfotograf von meinem Studio in Belfast aus.“
Immer auf der Suche nach farblicher Harmonie, setzt er ganz bewusst die Farbpalette ein. Dabei geht er zurück zu den Basics. Für ihn muss eine klare Balance zwischen Primär- und Sekundärfarben herrschen. Hinter seinen Arbeiten steckt eine genaue, sehr präzise Gestaltungsphilosophie und Farbwissenschaft. Er arbeitet mit unkonventionellen Lichtmethoden und Lichtformern, um das gewisse Extra und gleichzeitig ein „unperfektes Perfekt“ zu erschaffen. Jeder Blitzkopf wird so gerichtet, dass in jeder Ecke im Motiv etwas neues passiert. Dabei muss die Kamerabelichtung und Position des Models nicht immer das Wichtigste sein. Sie darf variieren. Die Lichter selber werden ebenso immer umpositioniert und es wird mit der Gestaltung gespielt. Für Glenn ist die Bewegung entscheidend, der Lichtfall und das Ambiente, welches durch die Farbe entsteht. Besonders bei Fashion-Editorials, wenn Kleidung und Accessoires im Vordergrund stehen, verpackt er alles mit seiner Lichtsetzung. Er liebt es, wenn dabei glückliche Zufälle passieren. Die Ergebnisse sind bunt, frisch, knackig und immer individuell anders. Er möchte zeigen, dass mit künstlichen, kontrollierten Studiolicht so viel mehr möglich ist als viele denken. Für ihn ist es wichtig, die Stimmung zu kreieren und eine dramatische Atmosphäre mit dem Licht zu erzeugen.
Fotografie ist Teamleistung
Zu unserer Frage, welche Fotografinnen und Fotografen ihn inspirieren und beeinflussen, antwortet er: „Das ist eine schwierige Frage! Es gibt so viele tolle Fotografinnen und Fotografen, dass ich ständig neue Inspirationen bekomme. Es gibt einige, die ich immer wieder verfolge, wenn ich eine gute Dosis Inspiration brauche. In keiner besonderen Reihenfolge gefallen mir zum Beispiel Eugenio Recuenco, Tim Walker, Kristian Schuller, Nick Knight, Steven Klein, Paolo Roversi, Miles Aldridge, Hiro, Marcus & Mert und Chris Von Wangenheim.“
In der Regel ist meine Arbeit ein gemeinschaftlicher Prozess. Man muss mit Stylisten, Maskenbildnern, Friseuren, Models und Designern zusammenarbeiten. Damit das Endergebnis funktioniert, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Jede Schwachstelle würde das Resultat beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, sich im Vorfeld gut vorzubereiten und zu kommunizieren, denn schließlich ist es eine Teamleistung.
Sein Tipp für alle, die neu in Fotografie einsteigen ist, dass man viele Fotos machen soll. Man kann alles googeln und sich in Tutorials sowie bei anderen Wissen und Inspiration holen. Aber die Praxis ist das Allerwichtigste. Wer nicht aktiv fotografiert, hat es seiner Meinung nach schwer.
Ein riesiges Aquarium, was dekoriert werden soll
Die Umsetzung eines Projektes kann bei ihm zwischen Tagen und Wochen dauern. Es steckt viel Vorbereitung und Problemlösung dahinter und er arbeitet meistens im kleinem Team. Eins der größten Schwierigkeiten beim Fotografieren Unterwasser ist, Dinge zu positionieren und insbesondere dann auch da zu behalten. Jedes Material verhält sich anders und es benötigt viel Zeit Möbelstücke und alle möglichen Requisiten unter die flüssige Oberfläche zu bekommen und zu fixieren. Man muss sich das wie ein riesiges Aquarium vorstellen, dass dekoriert werden soll. Der Unterschied hier: die Dekoration gibt es nicht in der Tierhandlung, sondern wird auf Flohmärkten, in Baumärkten oder bei Kleinanzeigen gefunden und gekauft. Immer in der Hoffnung, dass die Materialien die richtigen Eigenschaften haben. Das Ausleihen der Requisiten ist keine Option, da das Wasser diese meist nach mehreren Stunden zerstört. Das scheint alles viel zu umständlich in einer Zeit der digitalen Bildbearbeitung, die alles möglich macht, oder? Die „Old School“ Methode ist für ihn bei speziellen Unterwasserportraits ein Muss und Teil seines Prozesses. Brett passt in der Bearbeitung eher Kleinigkeiten an, wie Farbsättigung, Kontraste und eliminiert unerwünschte Spiegelungen, die durch Wasserbewegungen entstehen.
Blau zieht sich durch seine Arbeiten
Die Farbe Blau kommt bei Glenns Projekten sehr oft vor. Mal wird das komplette Motiv in einem Cyan-Lichtton eingetaucht oder es bekommt nur dunkelblaue Lichtkleckse auf einer strahlenden, gelb beleuchtenden Umgebung. Seine experimentelle Natur zeigt sich in all seinen Shootings. Da er sein Handwerk so gut meistert und ein absolutes Verständnis dafür hat, führt seine Energie dazu sich kreativ auszutoben. Farbige Gelfolien werden schnell mal mit einem Haargummi auf Blitzlichtern fixiert oder Platten mit Mustern werden zwischen Lichtformer geschoben, um diverse Effekte und Dreidimensionalität zu erzeugen.
Seine liebsten Arbeiten sind immer die Projekte in der Zukunft! „Ich schaue nie auf vergangene Arbeiten zurück - ich bin immer auf das nächste Shooting gespannt!“
Instagram: @glennnorwoo
www.facebook.com/norwoodfashionphotography