Kleines Gepäck auf Reisen - Erfahrungen mit Fuji und Nikon
Vor einem Jahr berichtete der Fotograf Hans-Jürgen Sommer in einem sehr spannenden Artikel von seinen Erfahrungen mit lichtstarken, manuellen Objektiven in der Flamenco-Fotografie. Inzwischen hat er auch seine Liebe für die Reisefotografie entdeckt. Dass gute Reisemotive manchmal gar nicht so weit entfernt sind und auch vergleichsweise kleines Gepäck durchaus in der Lage ist tolle Aufnahmen zu machen, zeigt er in diesem Gastbeitrag.
Vor Jahren noch musste es auf Reisen ein Rucksack mit meiner Kamera und mehreren Objektiven sein. So schlug ich mich zum Beispiel durch Mexiko, Thailand und Kuba. Auch war dies im Vorfeld immer mit Aufwand verbunden: Man sollte bei Fernreisen die teure, neue Ausrüstung zu Hause im Vorfeld beim Zoll anmelden, damit es bei der Wiedereinreise keine Probleme gibt.
In Mexiko hatte ich meine selige DSLR Nikon D700 mit angesetztem Batteriehandgriff dabei. Verbunden mit dem Superzoom Nikkor 28-300mm war ich gerüstet, aber auch aufsehenerregend. Im Küstenort Playa del Carmen riefen mir einige Einheimische "Paparazzi" hinterher. Am Tag mein geliebtes Superzoom, eine Festbrennweite, abends ein Zoom mit durchgängig 2,8 und ein Makro. So war ich für alle Fälle ausgestattet.
Auch der Zoll scheint große Kameras zu "mögen". In Kuba wurde ich bei der Abreise erst einmal herausgewunken und verhört, auf Spanisch. Meine Frau spricht Spanisch und fragte nach, was los sei. Dann konnte ich gehen.
Auf unserer Reise nach Thailand hatte ich dann dazugelernt und ließ den Batteriegriff für meine neue Nikon D800 und einige Objektive zuhause. Um einiges abgespeckt bekam ich auch nie mehr Probleme beim Zoll.
Die technologische Entwicklung schreitet voran, und so kaufte ich mir 2016 eine Fujifilm X-Pro2. Zwar "nur" mit Crop-Sensor, aber viel kompakter als meine große DSLR, und leichter. Im Vorfeld eines Andalusien-Urlaubs stockte ich zeitgleich meinen Objektivpark für die Fuji auf. Es musste auch eine Zeiss-Linse dabei sein, denn schon zu Spiegelreflexzeiten war ich ein Zeiss-Fan. Den Kauf des Zeiss Touit 32mm f/1.8 habe ich nie bereut. Einige schöne Flamenco-Aufnahmen in Andalusien sind damit entstanden und natürlich weitere. Der Autofokus ist etwas langsam, aber die optischen Qualitäten herausragend.
Zeiss Touit 32mm f/1.8
- die Perspektive des menschlichen Auges
- optimiert für APS-C Sensore
- geringes Gewicht und kompakte Größe
- extrem lichtstark
- passend zu Fujifilm X
Nach zwei Jahren kaufte ich mir im Sonderangebot noch eine Fuji X-T2. Die Bedienung ist etwas anders als bei der X Pro2. Auf Reisen hatte ich zuerst immer nur die X-Pro2 dabei und ich muss zugeben, dass in 99% aller Fälle der Crop-Sensor ausreicht. Vielleicht ist das Bokeh etwas extremer von meinen Straßenmusikern in Andalusien bei einer Vollformatkamera, aber das wird mit Größe erkauft. Zumeist fotografiere ich im Urlaub abgeblendet.
Zu dieser Zeit kaufte ich mir eine Tasche von Think Tank. Noch heute ist sie meine einzige Tasche, die ich mit auf Reisen nehme, denn sie passt in meinen normalen Deuter-Rucksack. Die Zeiten eines riesigen Fotorucksacks sind endgültig vorbei.
Zu meiner Nikon D800 und den Fujis gesellte sich vor einiger Zeit noch eine Nikon Z6 II, von der ich nach wie vor begeistert bin. Es ist eine relativ kompakte Systemkamera mit Vollformat-Sensor, deren Bedienung an die alten Nikons angelehnt ist. Besonders liebe ich den Joystick zur Verstellung des Fokus-Punktes, genau wie bei meinen Fujis.
Ein Nachteil der Vollformat-Nikon ist die Tatsache, dass die Objektive relativ groß sind. In meine heißgeliebte Tasche passt nur die Kamera mit angesetztem Objektiv. Im Gegensatz zu meinen beiden Fujis; hier passen beide Cams relativ gut hinein, da die Objektive nicht so groß sind.
Warum ich auf Reisen immer zwei Kameras dabei haben möchte? Ich habe eine Allergie gegen Staub, Staub auf dem Sensor. Ich wechsle nur in Innenräumen meine Linsen. Diese Marotte hat sich bewährt, in den letzten Jahren musste ich meinen Sensor noch nie reinigen lassen.
Natürlich könnte ich auch ein anderes Objektiv im Köcher mitnehmen, das habe ich auch schon gemacht. Wie das Leben so spielt, fehlt dann der Innenraum zum Wechseln.
Früher musste es bei mir ein Zoom sein, von denen ich für Nikon und Fuji einige habe. In den letzten Jahren bin ich jedoch von den Superzooms abgekommen. Aber nicht wegen der Qualität, die mir völlig ausgereicht hat. Außer bei meiner Diva, der D800, die exzellentes Glas fordert. Es ist einfach die Tatsache, dass ich mit Festbrennweiten anders fotografiere. Beim Erlaufen der optimalen Perspektive habe ich mehr Ideen, den für mich richtigen Ausschnitt zu finden. Zwar kann ich einige Dinge nur mit langer Brennweite machen, doch habe ich gemerkt, dass meine Bilder, für mich, besser geworden sind.
Auf unserer Berlin-Reise wollte ich eigentlich mehr filmen als fotografieren, aber dann kam in Berlin doch der Fotograf durch. Ich hatte aber nur die X-T2 mit dem Fujifilm 23mm f/1.4 und dem Fuji 35mm f/1.4 dabei. Zu einigen Foto-Spots musste ich zweimal, denn ich wollte im Freien nicht das Objektiv wechseln und Cafés sind dort manchmal dünn gesät. Einer unserer ersten Anlaufpunkte war das Holocaust-Mahnmal in Berlin. Relativ weitwinklig habe ich mit dem 23er einige eindrucksvolle Aufnahmen gemacht.
Am nächsten Tag kamen wir wieder, diesmal mit dem 35er und so konnte ich das Mahnmal mit dem Reichstag im Hintergrund ablichten. Für Berlin entpuppte sich das 35er als Immerdrauf. Ich muss jedoch gestehen: 50mm sind einfach meine Brennweite. Das 35er Fuji entspricht dem ungefähr. Bei beiden ist der AF zwar nicht besonders schnell, aber deswegen kaufe ich mir nicht den Nachfolger, damit kann ich leben. Die Abbildungsqualität begeistert mich immer wieder, wirklich extrem scharf. Nach Ausflügen in die Welt manueller, lichtstarker Objektive, weiß ich, wovon ich bei Schärfe und Mikrokontrasten spreche oder schreibe.
Begeistert hat mich das 35er bei einer bestimmten Szenerie: Wir waren in der Nähe des Berliner Mauer-Museums und ich sah einen Wachturm aus der Zeit der DDR. Ein Bauzaun versperrte die Sicht auf den ganzen Turm. Auf diesem Bauzaun war ein Stacheldraht und zufälligerweise im Hintergrund ein Ballon der Zeitung "Die Welt". Eine für mich perfekte Komposition, die mich fesselte und begeisterte.
Zumeist fliegen wir oder fahren mit dem Zug in den Urlaub, dann muss ich mich auf die zwei Fujis oder auf eine Nikon beschränken. An die Ostsee sind wir mit dem Auto gefahren, da man so flexibler ist. Auf dieser Reise habe ich die Z6 II mit FTZ Adapter und meinem geliebten Zeiss Milvus 50mm für den F-Mount benutzt. Dabei hatte ich in unserem Auto noch andere Objektive wie ein Superzoom, welches ich nie benutzt habe.
Das Zeiss läuft dank Bildstabilisator in der Kamera zur Höchstform auf. Eine tolle Kombination, natürlich aber auch von den Abmessungen her riesig.
Eines Jahres stand Husum an der Nordsee auf unserer Reiseliste. Diesmal wiedermit dem Auto und wieder mit der Nikon Z6 II. Zu dieser Zeit hatte ich mir gerade eine neue Linse gegönnt: Manuell und relativ kompakt packte ich ein Voigtländer APO Lanthar 50mm f/2 ein. Was diesem Objektiv an Lichtstärke fehlte, gleicht es durch Schärfe und Mikrokontraste mehr als aus. Die Nordseeküste hat mich begeistert - und besonders Husum ist einen Besuch wert. Empfehlenswert ist der Besuch des Heimatmuseums und des Hauses der Fotografie, wo ich auch schon ausgestellt habe.
Geht man auf Reisen, so sollte man sich beschränken, der Rücken dankt es. Beim Vergleich der beiden Systeme Fuji und Nikon, fällt mir immer wieder auf, wie gering die Unterschiede doch sind. Sieht man das, was man am Rechner sichtet, wenn man daheim ist, so sind es Nuancen, die die beiden Marken trennen. Meine Nikon spielt ihre Stärken nur zuhause aus, wo ich ab und zu Flamenco mit sehr lichtstarken, manuellen Objektiven fotografiere. Hier ist das Freistellungsvermögen der Vollformatkamera und einem 50mm f/0.95 oder 90mm f/1.25 schon extrem.
Doch auf Reisen nutzt man das Objektiv zumeist abgeblendet. Ich muss jedoch gestehen, dass ich wenig Wert auf perfekte Bildqualität out of cam lege. Sehe ich in der Nachbearbeitung keine Unzulänglichkeiten, werden sie korrigiert und ich sehe darüber hinweg. Ein opulenter Objektivpark ist mir wichtiger als immer das neueste Gehäuse zu haben.
Über Hans-Jürgen Sommer
Im Sommer 1969 in Speyer am Rhein geboren und aufgewachsen in der Provinz um Ludwigshafen, wandte sich Hans-Jürgen Sommer schon früh den schönen Künsten zu. Gerne malte er, doch mit 15 entdeckte er für sich die Fotografie. Den richtigen Moment festhalten, das faszinierte ihn. Eine Aufnahme war in dieser analogen Zeit kostbar. So musste er sich, schon in der Planung, intensiv mit jedem Bild auseinandersetzen. Dies kommt ihm noch heute zugute.
Mit dem Einzug der digitalen Fotografie lebt er seine Leidenschaft noch intensiver aus und er konnte seine Erfahrungen aus dem Bereich der Informationstechnologie in seinen Workflow mit einfließen lassen. Dies eröffnete ihm neue gestalterische Möglichkeiten.
Hans-Jürgen Sommer hält sich nicht an gängige Konventionen in der Fotografie. Stimmt die Qualität, so schafft es auch eine selektive Kolorierung in seine enge Bildauswahl.
Er hat Ausstellungserfahrung und engagierte sich in der Vergangenheit auch im Bereich Charity.